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Innovationsschub für den Mittelstand

Künstliche Intelligenz (KI) ist für die moderne Produktion eine Schlüsseltechnologie. Sie verspricht insbesondere Industrieunternehmen ein hohes Potential für Effizienz- und Produktivitätssteigerung, höhere Robustheit und Flexibilität. Doch obwohl insgesamt große Erwartungen an KI geknüpft werden, findet sie noch zu selten Anwendung. Und das gerade bei den Mittelständlern. Warum ist das so? Oft spielen fehlende Kenntnisse über KI und ihre konkreten Einsatzmöglichkeiten im eigenen Unternehmen eine Rolle. Aber auch ein geringer Digitalisierungsgrad oder fehlendes Personal sind ein Problem. Ein Konsortium aus Wissenschaft und Wirtschaft unter Führung des Forschungszentrums L3S und des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover (LUH) will das ändern. Im Projekt IIP-Ecosphere: Next Level Ecosphere for Intelligent Industrial Production arbeiten die 18 Partner an Lösungen, um KI für die mittelständische Industrie einfacher zugänglich zu machen und KI-Projekte zu beschleunigen.

Anwenderfreundliche Lösungen 

IIP-Ecosphere setzt auf den Aufbau eines Ökosystems aus Forschung, Anbietern, Anwendern, Dienstleistern und Multiplikatoren, das das Potential von KI in der Produktion aufzeigt und den Austausch über Erkenntnisse, Anforderungen, Hemmnisse und Erfahrungen aktiv fördert. Die so gewonnenen Informationen fließen in die KI-Forschung und in die Entwicklung praktikabler KI-Lösungen ein, die auch für die Anwendung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geeignet sind. Zugleich will IIP-Ecosphere Aufwand und Risiko bei der Umsetzung senken – unter anderem durch die Entwicklung von Methoden zur Beschleunigung von KI-Projekten und von KI-Bausteinen, die sukzessive zu Standardkomponenten weiterentwickelt werden sollen. Produzierende Unternehmen, denen der Mehrwert von KI noch unklar ist, erhalten durch die Zusammenarbeit im Ökosystem herstellerunabhängig Zugang zu einem KI-Lösungskatalog, zu Erfolgsbeispielen der intelligenten Produktion sowie zu neuesten Forschungsergebnissen. Zudem entwickeln die Partner eine virtuelle Industrie-4.0-Plattform, um auf der Grundlage bereits installierter Systeme neue Ansätze zu ermöglichen. Dazu zählen zum Beispiel KI-basierte Dienste, die einheitlich auf verfügbaren Ressourcen, wie Edge-Geräten, ausgeführt und in die Systemlandschaft integriert werden. 

Einfluss durch Mitwirkung 

Der Austausch im Ökosystem findet unter anderem in Communities of Practice statt. In diesen Arbeitskreisen zu Forschungsschwerpunkten wie Schnittstellen, Plattformen oder Geschäftsmodellen können sich produzierende Unternehmen und weitere interessierte Parteien aktiv einbringen und miteinander vernetzen. Dadurch gelangen Informationen zu Anforderungen und Erfahrungen aus der Wirtschaft direkt zu den Forschern und Entwicklern, während die Unternehmen von neuen Erkenntnissen profitieren, gemeinsam aktuelle Entwicklungen im Themenfeld diskutieren und auch beeinflussen können sowie Unterstützung für ihre individuellen Vorhaben erhalten. Ebenfalls auf den direkten Austausch fokussieren sich die Regional Innovation Hubs (RIHs) in den Pilotregionen Hannover und Nürnberg – ein Zusammenschluss regionaler Innovationsförderer, die ihr Know-how und ihre Kontakte einbringen, um Unternehmen für das Potential von KI in der Produktion zu sensibilisieren und die Anwendung von KI-Lösungen voranzutreiben. RIHs bringen Produktionsunternehmen mit KI-Lösungsanbietern zusammen, etwa in Informationsveranstaltungen oder Workshops. Außerdem unterstützen sie die anwendungsorientierte KI-Forschung von IIP-Ecosphere bei der Vernetzung mit KI- und Produktionsexperten aus der Wirtschaft und beim Transfer von Lösungen in die Unternehmen. Zu den Aufgaben der RIHs zählt auch die Unterstützung von KI-Startups, insbesondere aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Voraussichtlich ab Endes des Jahres können Interessierte bei der Online-Veranstaltungsreihe Werkstattgespräche die Demonstratoren von IIP-Ecosphere kennenlernen: KI-Lösungen für die Produktion, die als Blaupause für andere Unternehmen entwickelt werden. Die beteiligten Unternehmen präsentieren die Demonstratoren im Livestream direkt aus der Produktionshalle. Die Zuschauer können mit den Mitarbeitern anschließend diskutieren und Fragen zum KI-Einsatz stellen. 

KI zum Ausprobieren 

Ein weiteres Angebot von IIP-Ecosphere ist das Experimentierfeld. Es bietet insbesondere kleineren Unternehmen eine nutzerfreundliche Umgebung, um maschinelles Lernen anhand realer Anwendungsfälle zu testen. Unternehmen können sich einen umfassenden Eindruck verschaffen, wie sich KI-Methoden einsetzen lassen. Der Prototyp des Experimentierfelds, den Wissenschaftler derzeit gemeinsam am L3S und IFW entwickeln, soll die Anwendung von KI so einfach wie möglich machen. Interessierte erhalten dabei die Möglichkeit, Beispieldaten zu explorieren, KI-Ansätze an realen Produktionsanlagen zu erproben oder auch die IIP-Ecosphere-Plattform kennenzulernen. Wie Unternehmen ein Innovationsökosystem rund um ein KI-Geschäftsmodell aufbauen, zeigt IIP-Ecosphere in kostenfreien individuellen Innovationsworkshops. Experten von IIP-Ecosphere erarbeiten mit einzelnen Unternehmen und Start-ups die erste Stufe ihrer Geschäftsmodellentwicklung für ein erfolgreiches KI-basiertes Produkt oder einen KI-basierten Service. Der dreistündige Workshop richtet sich an Projekt- und Teamleiter aus Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, aus dem Bereich Data-Science oder der Geschäftsentwicklung. Leistungsangebote, Veranstaltungstermine, Aktivitäten und Forschungsergebnisse von IIP-Ecosphere werden regelmäßig auf der Webseite des Ökosystems veröffentlicht. In Zukunft werden zudem informative Video-Clips nähere Einblicke in die Arbeit von IIP-Ecosphere und die Anwendung von KI in der Produktion geben. 

Vorgestellte Projekte
Kontakt
Portrait Claudia Niederée
Dr. Claudia Niederée

Claudia Niederée ist Forschungsgruppenleiterin und Geschäftsführerin des L3S. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in der Entwicklung von KI-Methoden unter anderem für die intelligente Produktion. Im Projekt arbeitet Frau Niederée insbesondere an innovativen Methoden zur KI-Beschleunigung und in der Koordination des Gesamtprojekts.

Per Schreiber ist Mitarbeiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW). Sein Arbeitsschwerpunkt sind Sensorik sowie mechatronische Systeme und deren Einsatz bei der Überwachung und Regelung von Fertigungsprozessen. In IIP-Ecosphere koordiniert Per Schreiber das Gesamtprojekt.