Ausgabe: 02/2019

Big Data für besseres Hören

Schwerhörigkeit ist die häufigste chronische neurosensorische Erkrankung. In Industriestaaten sind mehr als 17 Prozent der Bevölkerung betroffen - mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität bis hin zur sozialen Isolation. Bei leicht- bis mittelgradiger Hörstörung können Hörgeräte dieses Defizit üblicherweise ausgleichen. Doch schon bei mittelgradiger und insbesondere hochgradiger Schwerhörigkeit können nur noch Hörimplantate helfen. Sie übernehmen im Innenohr die Funktion der Hörschnecke (Cochlea). Dank der enormen technischen Entwicklung und der Fortschritte in der Chirurgie sind Cochlea-Implantate (CI) für immer mehr hörgeschädigte Menschen geeignet.

Allein in Deutschland könnten damit mehr als eine Million Menschen ihr Hörvermögen deutlich verbessern. Tatsächlich sind jedoch erst etwa 40.000 Menschen mit einem derartigen System versorgt. Der Grund: Viele potentielle CI-Kandidaten sind unsicher oder haben Angst vor dem operativen Eingriff. Zumal die Hörresultate mit dem Cochlea-Implantat von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein können. Warum das so ist, wollen Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und des L3S nun mit aktuellen Methoden der künstlichen Intelligenz herausfinden.

Die dafür notwendigen großen Datenmengen kommen von der MHH. Dort befindet sich nicht nur das größte CI-Zentrum der Welt, sondern auch die größte CI-Datenbank. Sie enthält prä- und postoperativ erhobene Daten von fast 10.000 Patienten. Anhand von 3D-Bilddaten der Cochlea nach Implantation wollen die Wissenschaftler zum Beispiel herausfinden, welchen Einfluss die Position der Elektrode auf den Hörerfolg hat. Um weitere Zusammenhänge zu erkennen, werden die Daten der zum Zeitpunkt der Operation entnommenen Blut- und Perilymphproben der CI-Patienten analysiert. Mithilfe aller Daten entwickeln die Wissenschaftler Vorhersagemodelle für den individuellen Hörerfolg mit einem Implantat. Das Ziel: Jeder Patient erhält das optimale Hörsystem. Die Zahl der erfolgreich CI-versorgten Patienten soll somit signifikant steigen.