Prof. Dr.-Ing. Jörn Ostermann

Ein Cochlea-Implantat (CI) ist ein kleines elektronisches Gerät, das operativ in das Innenohr implantiert wird und das Hörempfinden von hochgradig schwerhörigen Patienten durch elektrische Stimulation des Hörnerves wiederherstellen kann. Obwohl die Sprachverständlichkeit in ruhigen Umgebungen und sogar das Telefonieren heutzutage kein größeres Problem mehr darstellen, besteht in der Sprachverständlichkeit in lauter Umgebung noch eine große Herausforderung. CI-Träger brauchen in diesem Fall deutlich höhere Signal-zu-Rausch-Verhältnisse (SNRs), um die gleiche Sprachverständlichkeit wie Normalhörende zu erzielen. Aus diesem Grund sind in der letzten Zeit binaurale Algorithmen zur Verbesserung der Sprachverständlichkeit aufgekommen, die auf eine Erhöhung des SNRs in lauter Umgebung abzielen, indem die Signale von sowohl dem rechten als auch dem linken Ohr auf der jeweilig anderen Seite gemeinsam verarbeitet werden. Allerdings muss die Übertragung der Audiosignale von einem zum anderen Ohr mit geringer Latenz, geringer Bitrate und einer sehr hohen Audioqualität erfolgen, so dass die binauralen Algorithmen zu einer Verbesserung der Sprachverständlichkeit in lauter Umgebung führen können, ohne die Batterielaufzeit der Geräte unnötig zu verringern.
Dieses Projekt hat daher die Entwicklung einer neuartigen Datenreduktionsmethode (Codec) zum Ziel, die eine solche Signalübertragung und damit eine binaurale Signalverarbeitung für CIs ermöglicht. Der Codec basiert auf einer effizienten Übertragung von elektrischen Erregungsmustern und soll zum Erreichen möglichst hoher Gewinne in der Sprachverständlichkeit und Sprachqualität speziell an die genannten Rahmenbedingungen angepasst sein. Er wird mit weiterentwickelten Methoden der binauralen Signalverarbeitung kombiniert und hinsichtlich seines Einflusses auf die Sprachverständlichkeit, Audioqualität und Lokalisierung mittels verschiedenster subjektiver Tests evaluiert.
Das beabsichtigte Projekt ist ein Gemeinschaftsprojekt der Auditory Prosthetic Group des Deutschen Hörzentrums (Teil der Medizinischen Hochschule Hannover) (MHH) und des Institutes für Informationsverarbeitung (TNT) der Leibniz Universität Hannover. Im Verlauf des Projektes wird es den Projektpartnern möglich sein signifikante Fortschritte innerhalb ihres Forschungsfeldes, namentlich der Datenreduktion für Audioapplikationen (TNT) und der binauralen Signalverarbeitung für CIs (MHH), zu erzielen. Die Zusammenarbeit bietet darüber hinaus eine große Chance eines Wissensaustausches zwischen einem Ingenieursinstitut und einer medizinischen Hochschule. Durch die Kombination von Methoden des Ingenieurswesens mit der Expertise im medizinischen Bereich kann somit der Erfolg des Projektes sichergestellt werden.